Mit den Weltkriegen ist das wie mit Kindern. Das zweite findet irgendwie mehr Beachtung, das erste tat aber auch weh.
Darum ist es nicht überraschend, dass in meinem Konsum von weltkriegsbetreffenden Medien, der erste bisher kaum eine Rolle gespielt hat. Die intensivste Erfahrung war Peter Jackson‘s They Shall Not Grow Old für mich. Jackson hat Filmmaterial aus dem ersten Weltkrieg (Es gibt welches! Total verrückt!) durch endlose Handarbeit und AI aufbereitet, damit es aussieht wie moderner Farbfilm. Nachsynchronisiert wurde auch alles. Das Team beinhaltete Leute, die die Lippen der Sprechendenden in den Filmen gelesen haben, damit herausgefunden werden konnte, was damals gesagt wurde. Irre.
Wie auch immer. Nach They Shall Not Grow Old ist Im Westen nichts Neues für mich bisher die zweitintensivste Erfahrung mit dem ersten Weltkrieg, wenn wir Battlefield 1 nicht beachten. Das habe ich allerdings auch nur zwei Nachmittage gespielt.
Die im Buch erzählte Geschichte basiert auf den eigenen Erfahrungen des Autoren, ist aber keine biografische Wiedergabe der Ereignisse. Sie begleitet einen jungen Mann von der Schulbank in die Schützengräben und auf dem Weg durch eine Menge Senfgas, im Detail beschriebene Verletzungen und Tod.
Der teilweise überraschend analytische Schreibstil reimt sich auf besondere Weise mit der Beobachtung des Protagonisten, dass man den Krieg nicht an sich heranlassen darf, weil man sonst nicht durchhält. So wird das Umbringen anderer Menschen und Sterben von Freunden mir nichts, dir nichts als ein Ereignis erzählt, das halt so irgendwie stattgefunden hat. Was stimmt. Diese Ereignisse haben stattgefunden. Im echten Leben. Selbst, wenn sie als Erzählung wie etwas klingen, das Menschen nicht anderen Menschen antun könnten.
Sehr, sehr lesenswert. Ein, trotz der analytischen Sprache, sehr aufreibender Einblick in den ersten Krieg, der mit automatischen Gewehren, Panzern und Gasen geführt wurde und damit eine neue Liga der Grässlichkeit in die Welt brachte.