Irgendwie dachte ich immer – natürlich völlig ohne faktische Basis – dass es sich bei The Book Thief um eine mittelmäßige Trilogie von Jugendromanen handelt. Sowas wie Tintenherz. Davon denke ich – völlig ohne faktische Basis – dass es ein mittelmäßiger Roman für Jugendliche ist.
Sollte ich mich über Tintenherz so irren, wie ich es über The Book Thief tat, dann ist auch Tintenherz ein Buch über ein junges Mädchen, das im zweiten Weltkrieg in einem Dorf in Süddeutschland aufwächst. Das halte ich allerdings dann doch für sehr unwahrscheinlich.
Dieses Mädchen, sie ist die Titelgebende Diebin der Bücher, erfährt im Laufe der Geschichte, zusammen mit den anderen Leuten um sie herum, was es bedeutet in einem faschistischen Staat zu leben, der sich selbst in den Krieg gestürzt hat.
Als jemand der sehr gerne Dinge über den zweiten Weltkrieg liest, weil die Geschichten so grundlegend echt und emotional sind, dass sie mich auf einer ganz anderen Ebene berühren, war ich vom süßen Stil dieses Buches erst angetan, dann leicht genervt, dann aber wieder relativ begeistert. Das kann auch damit zusammenhängen, dass ich gerade erst Im Westen nichts Neues beendet hatte.
Es ist kein Spoiler (stellt es sich doch auf den ersten drei Seiten heraus) zu erwähnen, dass der Erzähler von The Book Thief der wortwörtliche Tod ist. Und er hat Humor. Nichts regt einen zum Klopfen von Schenkeln an, aber der Tod hat eine Meinung und hält mit ihr auch nicht hinterm Berg. Das ist auch genau der Teil, der mich auf meine Achterbahnfahrt einer Meinung zum Stil des Buches beförderte.
Ich spürte ganz stark, dass die reine Geschichte für mich besser funktioniert hätte, wenn etwas weniger Erzähler-Gimmick und mehr tiefe Emotionen stattgefunden hätten. So versandeten aufkommende Schluchzer schnell wieder, weil der Text zum nächsten Einwurf des Erzählers sprang.
Ziemlich viel Gemotze dafür, dass es mir insgesamt sehr gut gefallen hat. Der Erzähler hat es kurzweilig gemacht und damit seine Aufgabe erfüllt. Was mir außerdem positiv auffiel war, dass die Geschichte den Drahtseilakt zwischen Täter- und Opfervolk ganz interessant vollführt. Man kann sich am Ende selbst ein Bild davon machen, inwiefern Deutschen in den 40er Jahren ein Schicksal widerfahren ist, das angemessene Strafe, oder unmenschliches Dasein war.
Vermutlich habe ich mir jetzt eingebrockt, dass ich beizeiten mal Tintenherz lesen sollte, damit ich meine blatanten Vorurteile aus dem Weg räumen kann.